Mein Blind Date mit dem Leben / Regie: Marc Rothemaund. Datsr.: Kostja Ullmann ; Jacob Matschenz ; Anna Maria Mühe […]

[Der Film erzählt die beeindruckende Lebensgeschichte von Saliya Kahawatte (gespielt von Kostja Ullmann), der als Jugendlicher sein Augenlicht verlor, aber sich seine Träume und den Blick für das Wesentliche bewahrt hat. Mit Hilfe seines besten Freundes (gespielt von Jacob Matschenz) überwindet er viele Hindernisse. Doch als er sich in Laura (gespielt von Anna Maria Mühe) verliebt, muss er sich der Wahrheit stellen. Regie führte der Oscar-Nominierte Marc Rothemund („Sophie Scholl“, „Mann tut was Mann kann“), der mit Kostja Ullmann schon in „Groupies bleiben nicht zum Frühstück“ erfolgreich zusammengearbeitet hat.

„Romantisch, witzig, herzerwärmend: Hier kommt ein toller, weil wunderbar inspirierender Feelgood-Film, der uns lächelnd durch die kalte Jahreszeit hilft.“(Bild.de)

„MEIN BLIND DATE MIT DEM LEBEN fühlt sich gut an, ist witzig, optimistisch, nie platt – und noch dazu über große Strecken wahr“ (Kino.de)

„Ebenso witzige wie berührende Geschichte.“ (Sueddeutsche.de)

Der Deutsch-Singhalese Saliya Kahawatte bereitet sich in der deutschen Provinz auf das Abitur vor. Dabei bemerkt er, dass er zunehmend Probleme mit dem Sehen hat. Nach einer ärztlichen Untersuchung erfahren seine Eltern und er, dass es sich um eine seltene Augenerkrankung handelt. Nur durch eine sofortige Augenoperation kann seine Sehkraft auf niedrigstem Niveau erhalten werden. Trotzdem möchte er auf seiner Schule das Abitur machen, was seine Umwelt und auch sein Vater für ausgeschlossen halten. Er schafft das Abitur dennoch mit Fleiß und einer ausgeprägten Merktechnik.

Anschließend möchte Saliya seinen Traum von einer Hotelfachausbildung verwirklichen, bekommt aber auf seine zahlreichen Bewerbungen, in denen er ehrlicherweise seine eingeschränkte Sehkraft angibt, nur Absagen. Frustriert beschließt er, sich in München beim Hotel Bayrischer Hof ohne Angabe seiner Seheinschränkung zu bewerben. Er bekommt ohne großes Zögern die Stelle und schließt mit dem ebenfalls neu eingestellten Auszubildenden Max Freundschaft. Max ist anfangs der einzige, der von seinen Sehproblemen erfährt. Er unterstützt Saliya und übt mit ihm alle Arbeitsschritte und Laufwege sowie die notwendigen Handgriffe so lange, bis Saliya sie auswendig kennt. Gemeinsam durchlaufen sie die verschiedenen Ausbildungsstationen. Max hilft ihm, indem er ihm in manchen schwierigen Situationen zur Seite steht.

Im Hotel lernt Saliya die alleinerziehende Laura kennen, die die Hotelküche mit Waren vom Bauernhof ihrer Eltern beliefert. Beide kommen sich näher. Auch ihr verheimlicht er seine Seheinschränkungen. Während der Ausbildung im Hotelrestaurant gerät Saliya in Konflikt mit dem Restaurantleiter Kleinschmidt, der ihn nicht leiden kann.

In dieser Situation verlässt Saliyas Vater die Mutter. Um ihr finanziell beizustehen, übernimmt Saliya ohne Wissen seiner Ausbilder eine weitere Beschäftigung als Pizzabäcker in den Nachtstunden. Doch zur fortlaufenden Bewältigung beider Arbeiten putscht sich Saliya mit Tabletten auf. Die Schlaflosigkeit bringt ihn weiter in Bedrängnis, da er den Wecker eines Tages überhört und dadurch verspätet zur Arbeit im Hotel erscheint. Eine Abmahnung ist die Folge.

Saliya lernt unterdessen Lauras Sohn kennen. Auf einem Spielplatz soll Saliya kurz auf Lauras Sohn aufpassen. Ein Moment der Unachtsamkeit führt dazu, dass der Sohn aus Saliyas Achtsamkeitsradius und sogar gänzlich vom Spielplatz verschwindet. Laura ist verzweifelt und versucht ihren Sohn wieder zu finden, während Saliya keine Anstalten zur Mithilfe bei der Suche macht. Nachdem der Sohn wieder auftaucht, bleibt ihm als Erklärung für seine unterlassene Hilfe nur ein Geständnis der Wahrheit: Er gesteht seine Seheinschränkung. Verletzt trennt sich Laura von ihm.

Wieder im Hotel passiert während einer Hochzeit im Hotelrestaurant das Missgeschick, dass der völlig schlaflose und gestresste Saliya zunächst ein Tablett mit Sektgläsern fallen lässt und anschließend noch mit der Hochzeitstorte kollidiert. Er wird entlassen.

Saliya kommt nun total von der Bahn ab und betrinkt sich immer öfter. Nach einem schweren Sturz kommt er ins Krankenhaus, wo er mit Hilfe seiner Schwester und Max wieder zurück ins geordnete Leben findet. Gemeinsam mit Max besucht er seine Ausbilder im Hotel und bittet um Entschuldigung sowie um die Chance, nun doch bei der Abschlussprüfung anzutreten, die er überraschenderweise erhält. Nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung beendet er die Arbeit im Hotel und macht gemeinsam mit Max ein Lokal auf. Hier trifft er auf Laura, die ihm verziehen hat und den beiden fortan im Lokal unterstützend unter die Arme greift. 9

Letzte Runde Geisterstunde / Nadia Budde

„Urlaub machen sie fast nie
aber woher kommen sie?“

An Büchern von Nadia Budde kann ich schon seit ihren Klassikern „Trauriger Tiger toastet Tomaten“ und „Flosse, Fell und Federbett“ nicht mehr vorbeigehen: Budde versteht es, sprachlichen Ausdruck und herrlich schräge Bildern zu einem einzigartigen gesamtkunstwerk zu verbinden, das aus der Masse banaler Bilderbücher heraussticht. So gelingt ihr auch mit „Letzte Runde Geisterstunde“ wieder ein echter Hingucker: Auf 32 ausdrucksstarken bunten Seiten beschäftigt sie sich mit Geistern, ihren vielfältigen Erscheinungsformen, ihrer Herkunft, ihren Namen und natürlich auch mit der Frage, wie fies denn manche von ihnen wirklich sind und ob sie nun bleiben oder vertrieben werden sollen oder vielleicht ganz und gar zu unrecht verkannt und verpönt sind.

Von gewöhnlichen Poltergeistern über Muffelgeister, Plundergeister, Zwiebelgeisrter und Schluftgeister bis hin zu Brausegeistern, von namen wie Schlurchi, Schchlotter oder Bleichi ist alles dabei in diesem geisterhaften Kaleidoskop. All diese wunderbaren Geister verbindet Budde wieder mit furiosen Reimen, die auch einen lyrisch hochsensiblen Leser wie mich von Anfang bis Ende bei der Stange halten:
„[Geister] seufzen mit versteckten Stimmen,
lassen ihre Augen glimmen
schleichen nachts durch Geisterschiffe
kennen Geisterjudogriffe,
jammern über morsche Knochen
können Geistergulasch kochen“.

Fazit: wieder einmal ein echtes und sehr empfehlenswertes Budde-Bilderbuch für kleine und große Leute, die ein Herz für Geister haben und sich in Bild und Wort auf eine virtuose Jagd begeben mögen. Ab ca. 2 Jahren.

Papyrus : Die Geschichte der Welt in Büchern / Irene Vallejo. Aus dem Spanischen von Maria Meinel und Luis Ruby

„Die Leidenschaft des Büchersammlers gleicht der eines Reisenden. Jede Bibliothek ist eine Reise; jedes Buch ist ein Fahrschein mit unbegrenzter Gültigkeit. Alexander zog durch Afrika und Asien, ohne sich von seinem Exemplar der Illias zu trennen; Historikern zufolge suchte er darin Rat und nährte seine Sehnsucht nach höherer Bedeutung. Die Lektüre eröffnete ihm, wie ein Kompass, Wege ins Unbekannte“.

„„Die Welt zu denken ist ein Handwerk, das sich den Büchern und der Lektüre verdankt, einer Situation also, in der wir die Worte sehen und geruhsam über sie nachdenken können, statt sie nur im raschen Fluss der Rede ausgesprochen zu hören.“

Bücher über die Geschichte des Buches und das Lesen an sich gibt es bereits einige. Nur wenige gehen über die rein sachliche Information hinaus und werden selbst zu einem literarischen Erlebnis, das Weiterlesen

Quallen altern rückwärts : Was wir von der Natur über ein langes Leben lernen können / Nicklas Brendborg. Übersetzung aus dem Dänischen von Justus Carl

Wenn man bedenkt, dass Grönlandhaie nach neuesten Forschungen mehrere hundert Jahre alt werden können, mutet die maximale weltweite durchschnittliche Lebenserwartung gegenwärtig lebender Menschen von 73,4 Jahren geradezu lächerlich an. Selbst wenn man die mehr als achtzig Jahre berücksichtigt, die in wohlhabenden Ländern mit guter medizinischer Versorgung erreicht werden, gehört der Mensch nicht unbedingt zu den langlebigsten Lebewesen. Manche Baumarten erreichen zehntausend Jahre und bei Bakterien wurden sogar Endosporen entdeckt, die einige Millionen Jahre im Ruhestadium verbrachten, bevor sie aufgeweckt wurden.

Nicklas Brendborg, Postdoc für Molekularbiologie an der Universität Kopenhagen, geht in seinem Buch der Frage nach, welche Bedingungen ein hohes Alter fördern, zieht dabei Beispiele aus Weiterlesen

Ein Zug voller Hoffnung : Roman / Viola Ardone. Aus dem Italienischen von Esther Hansen

Neapel, 1946. Amerigo Speranza ist fast 8 Jahre alt und lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter in großer Armut im Spanischen Viertel der Stadt. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, sein älterer Bruder starb früh. In der Schule kommt er nicht zurecht, hat oft Hunger und verdient sich mit dem Sammeln von Lumpen ein wenig dazu. Oft streunt er mit seinem ebenfalls aus armen Verhältnissen stammenden Freund Tommasino durch die Gassen der Stadt. Wie ihm geht es vielen Kindern im wirtschaftliche schwachen, durch Weiterlesen

Kalmann : Roman / Joachim B. Schmidt

Island. Im kleinen Dorf Raufarhöfn, in dem früher die Fischerei groß und jetzt fast alles nur noch unbedeutet scheint, lebt Kalmann Óðinsson. Kalmanns Vater war Amerikaner und hat ihm eine Mauser vererbt. Er wächst bei seinem Großvater auf, wandert durch die eisigen Ebenenen, fährt mit einem alten Boot raus zum Fischen, macht den besten Gammelhai weit und breit und hat Sehnsucht nach der Liebe. Und er passt auf im kleinen Dorf. Wie ein Sheriff eben. Doch der naiv erscheinende Kalmann ist auch besonders, denn in seinem Kopf läuft manches langsam und anders als bei anderen. Seit sein geliebter Großvater im Heim ist, ist sein Leben nicht einfacher geworden.

Eines Tages entdeckt Kalmann bei der Jagd auf einen Polarfuchs eine Weiterlesen

Hinter dem Asphalt beginnt das Abenteuer : Mit dem Fahrrad zwei Jahre durch die Amerikas / Annika Traser

So kann es manchmal gehen: eigentlich möchte man nur einen Verwandten besuchen – und plötzlich sitzt man auf dem Fahrrad und fährt immer weiter und weiter, bis zwei Jahre vergangen sind und nur eine weltweite Pandemie beendet die Reise. So ging es Annika Traser, die ihren Bruder in Kanada besuchte, auf Weiterlesen

Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen / Jaroslav Rudiš

Es gibt wohl kaum eine andere Form des Reisens, die eine so gute Mischung zwischen Schnelligkeit, entspanntem Reiseerlebnis, Land(schafts)erlebnis und zwischenmenschlicher Begegnung ermöglich wie das Reisen mit der Eisenbahn, das eine große Zeit hinter sich hat und in Zeiten des Klimawandels hoffentlich eine große Zukunft. Der 1972 in Turnov (Tschechoslowakei, heute Tschechien) geborene und in Berlin lebende Schriftsteller und Dramatiker Jaroslav Rudiš wollte seit frühester Kindheit Eisenbahner werden wie manch andere in seiner Familie auch: doch die Weiterlesen

Bedrohte Bücher : Eine Geschichte von der Zerstörung und Bewahrung des Wissens / Richard Ovenden

Die Geschichte von der Zerstörung des Wissens ist wahrscheinlich so alt wie die Geschichte des schriftlich in Archiven und Bibliotheken bewahrten Wissens. Richard Ovenden, 25. Bodley Librarian und damit Leiter einer der ältesten Bibliotheken Europas, zieht in seinem Buch einen weiten Bogen aus der Vergangenheit bis in unsere digitalisierte Gegenwart und zeigt auf, wie wichtig Bibliotheken und Archive sind und welchen Gefahren dokumentiertes Wissen im Lauf der Geschichte, aber auch ganz konkret im hier und jetzt ausgesetzt ist.

Für seine These, dass unsere Zivilisation selbst auf dem Spiel steht, wenn wir die Bewahrung des Wisens in welcher Form auch immer vernachlässigen oder zum Spielball finanzieller und politischer Interessen machen, zieht er einige Weiterlesen

Mad Maps : Die Welt in über 100 ungewöhnlichen Karten / Simon Küstenmacher

Was Orientierung und Navigation angeht, bin ich ja etwas altmodisch. Sicher, ich habe beim Radfahren und Wandern nicht selten ein Garmin dabei, nutze Google Maps ebenso wie Openstreetmap oder Komoot. Aber ich liebe Karten, Atlanten, Globen und alles, was damit zusammenhängt. Auch auf Touren ist das so und ich nutze Karten ganz klassisch gefaltet oder als praktische Spiralbindung für die Kartentasche am Lenker: Obwohl ich mir lange Strecken auch als Track auf das Garmin lade, fahre und wandere ich stur nach Karte und nutze Technik nur zur genaueren Ortsbestimmung oder verfeinerten Orientierung.

Auch Kartenbüchern oder Atlanten widme ich gerne meine Aufmerksamkeit. So kam auch „Mad Maps“ auf mein Medienradar: Auf fast 200 Seiten hat der Weiterlesen

Das Museum des Meeres / Loveday Trinick (Text), Teagan White (I..)

Gut gemachte Illustrationen können einen oft schneller für ein Thema begeistern als der reine Text es kann, auch wenn er anschaulich, informativ und unterhaltsam verfasst ist. „Das Museum des Meeres“ gehört in diesen Hinsicht zu den bemerkenswerten, ja außergewöhnlichen Sachbüchern: die amerikanische Künstlerin und Illustratorin hat für das in 9 Säle und eine „Bibliothek“ gegliederte Buch mit ihren detailreichen, mit einem leichten Hauch von Vintage versehenen Aquarellen und Weiterlesen

Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen / Florian Freistetter

Es ist in historischer Hinsicht noch nicht lange her, dass der sich in seiner maßlosen Selbstüberschätzung in der Mitte des Universums wähnende Mensch durch die fortschreitenden Erkenntnisse der Astronomie aus seiner exklusiven Position herausgeschleudert wurde. Heute wissen wir, dass wir nur mässig intelligente Tiere auf einem unbedeutenden Steinplaneten sind, der um eine vergleichsweise kleine Sonne kreist, die wiederum zu den 200 Milliarden Sternen einer Galaxie zählt, die auch wiederum nur eine von vielen solcher Sternansammlungen ist. Manch einer kann diese Kränkung bis heute nicht ertragen und flüchtet sich in mythische Geschichten – wer sich aber darauf einlässt, dass wir alle buchstäblich Sternenstaub sind und den Blick wissensbefördert zum Himmel richtet, kommt Weiterlesen

Das Fahrrad: Kultur, Technik, Mobilität / Mario Bäumer (Hrsg.)

Bereits drei Jahre von dem großen Jubiläum der Erfindung des Fahrrads zeigte das Museum der Arbeit in Hamburg eine große Ausstellung zum Thema, die Fahrradgeschichte allgemein und in spezieller Verbindung mit Hamburg beleuchtete. Der dazugehörigen Ausstellungskatalog zeichnet diese Ausstellung nach.

Auf über 200 Seiten findet man eine ganze Reihe von Aufsätzen, die sich mit einzelnden Themenkomplesen aus der Welt des Fahrrads befassen. Im Technikteil gehört allgemeine Technik- und Produktionsgeschichte ebenso dazu wie ein Blick auf die legendäre Fahrradmarke Weiterlesen

Eine Geschichte der Welt in 100 Mikroorganismen / Florian Freistetter; Helmut Jungwirth

Haben Sie sich schon mal überlegt, warum Menschen keine Eier legen? Können Sie sich vorstellen, dass das etwas mit dem Virus „Humanothrophes T-lymphotropes Virus 1“ zu tun hat? Ja genau, ein Virus: eine jener unter dieser Bezeichnung zusammengefassten Ansammlungen von Nukleinsäuremolekülen, die streng genommen keine Lebewesen sind? Und wussten Sie, dass es einzellige Organismen gibt, die sogar im All mit all seiner gefährlichen Strahlung überleben können, wir einen Feiertag Mikroorganismen verdanken oder dass das Wrack der Titanic vermutlich bis 2030 komplett von eisenliebenden Bakterien verspeist sein wird?

Der Astronom Florian Freistetter und der Biologe Helmut Jungwirth haben in ihrem gemeinsamen Buch 100 Mikroorganismen aus den Bereichen der Pilze, Viren, Algen und Bakterien versammelt, die nicht nur die Geschichte des Lebens auf diesem Planeten, sondern zum Teil Weiterlesen

Vintage Räder : Wie Sie alte Fahrradschätze aufspüren und restaurieren / Gianluca Zaghi. Auis dem Italienischen von Michaela Heissenberger

Ein Buch über FFahrräder war mal wieder fällig, um dem Untertitel dieses Blogs gerecht zu werden. Beim Bestandsaufbau für die öffentliche Bibliothek, in der zu arbeiten ich das überaus große Vergnügen habe, stiess ich auf das Buch des Radsportlers, Radliebhabers und Künstlers Gianluca Zaghi aus der Schweiz, der seit geraumer Zeit als einer der besten Restaurateure alter Fahrräder gilt. Nun wird aus mir sicher kein Fahrradschrauber, geschweige denn Fahrradrestaurateur mehr – dennoch kann ich mich als leidenschaftlicher Velopäzidist der Faszination des Themas nicht entziehen.

Zaghis Buch ist eine wunderbare Mischung aus Weiterlesen

Das ist mein Baum / Olivier Tallec. Aus dem Franzöischen von Ina Kronenberger

Manche meinen ja, die probleme der Menschheit gingen erst dann so richtig los, als jemand den ersten Zaun um ein Stück Land zog. Olivier Tallec zeichnet in seinem wie gewohnt mit frechem Strich gestalteten Bilderbuch das Thema Eigentum gekonnt und mit viel Witz für Kinder nach. Wir sehen ein Eichhörnchen, dass Bäume liebt und vor allem seinen Baum, der es mit Zapfen und Schatten versorgt. Das Eichhörnchen malt sich aus, was passieren würde, wenn jemand seine Zapfen, seinen Schatten oder am Ende gar beides Weiterlesen

Es war einmal und wird noch lange sein / Johanna Schaible

Aus der Masse an jährlich erscheinenden Bilderbüchern gibt es zum Glück immer wieder welche, die durch ihr Konzept, ihre Gestaltung und ihren Inhalt überzeugen können. Das Buch der Künstlerin und Illustratorin Johanna Schaible aus Bern in der Schweiz zählt zu diesen besonderen Büchern. Schon die Gestaltung überzeugt auf ganzer Linie. Zur Mitte des Buches hin werden die ausdrucksstark gestalteten, mit wenig Text versehenen Seiten immer kleiner, um dann ab der Mitte wieder größer zu werden. Und das hat einen Grund.

Schaibles Buch bedient sich dieses gestalterischen Kniffes, um die Weiterlesen

Abendflüge / Helen Macdonald. Aus dem Englischen von Ulrike Kretschmer

„Sie am Himmel ziehen zu sehen ist beinahe unerträglich berührend. Sie ähneln Sternen, Glutfunken, langsamen Leuchtspurfeuern. Selbst durch das Fernglas sind die, die höher fliegen, winzig, geisterhafte Lichtpunkte. Ich weiß, dass sie die locker gekrümmten Zehen an die Brust gezogen haben, dass ihre Augen leuchten und ihre Knochen zart sind und dass sie von dem Willen, nach Norden zu fliegen, angetrieben werden, Nacht für Nacht.“

Helen Macdonald, bekannt geworden mit „H wie Habicht“, zählt für mich zu den bemerkenswertesten Autor*innen der Gegenwart. In ihrem neuen Buch – einer Sammlung von Essays – setzt sie sich mit unserem Verhältnis zur Natur auseinander. Verknüpft mit autobiografischen Bezügen, taucht sie mit uns ein in die Welt der Tiere und der mit ihnen verbundenen Mythen, Märchen, literarischen Weiterlesen

Februar 33 : Der Winter der Literatur / Uwe Wittstock

Wo sich „Liebe in den Zeiten des Hasses“ von Florian Illies einem ganzen Jahrzehnt des Umbruchs widmet und es in den Fokus von Liebe und Freundschaft unter Angehörigen der kreativen Berufe stellt, legt der Literaturkritiker und Buchautor Uwe Wittstock den Fokus auf den Zeitraum vom 28. Januar bis zum 14. März 1933: innerhalb von sechs Wochen verändert sich Deutschland in dieser Zeit drastisch, werden Freiheiten und Grundrechte eingeschränkt, greifen Terror, Unterdrückung und Mißtrauen um sich. Am Ende ist Deutschland ein anderes Land geworden, ist es gleichgeschaltet, grau, eng und ausgrenzend.

Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, wie schnell sich die Verhältnisse in Deutschland in jeden entscheidenden Woche geändert haben und sein „glanzvolle literarische Leben“ samt seiner Protagonist*innen von nder Bildfläche gefegt wurde. Uwe Wittstock beschreibt diesen Wandel Tag für Tag und es gelintgt ihm rasch, seine Leserschaft in die zunehmend Weiterlesen

Liebe in Zeiten des Hasses : Chronik eines Gefühls 1929-1939 / Florian Illies

Florian Illies, der mit „1913“ ein beeindruckendes Buch vorgelegt hat, das weniger ein Geschichtsbuch als vielmehr ein vielschichtiges Porträt eines Jahres war, das durch Aufbruch, Untergang, Erwartung und Überdruss geprägt war und letztlich in die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts führte. Mit „Liebe in den Zeiten des Hasses“ führt er uns in eine Zeit des Übergangs von den 1920er Jahren – geprägt von wirtschaftlichen und politischen Krisen, aber auch von gesellschaftlichem, kulturellem und wissenschaftlichem Fortschritt – hin zur Zäsur der Nazibarbarei, des zweiten Weltkrieges und all seinen Folgen in Europa und der Welt. Wir begegnen Henry Miller und Anaïs Nin, Thomas Mann und Hannah Arendt, Kurt Weill, Walter Benjamin, Marlene Dietrich, Kurt Tucholsky, Sartre, DeBeauvoir, Benn, Riefenstahl, Kästner und vielen, vielen anderen mal bekannten, mal weithin vergessenen Persönlichkeiten, Stars und Sternchen jener Zeit.

Sie alle begleiten wir nach einem Jahrzehnt des Weiterlesen

Das Gespenst von Canterville / Oscar Wilde. Aus d. Engl. von Wolf Harranth. Ill. von Volker Kriegel

Der nüchterne amerikanische Geschäftsmann Hiram B. Otis hat Schloss Canterville mit allem, was darin ist, gekauft. Also auch mit Sir Simon, dem steinalten, seit einer kleinen Ewigkeit dort erfolgreich spukenden Gespenst. Natürlich geht Sir Simon davon aus, dass auch Familie Otis bald schlotternd vor Angst sehr nen Spuk fürchten wird. 

Doch das Gegenteil ist der Fall, den die Amerikaner glauben schlichtweg nicht an Geiste und Gespenster. Schon bald ist Sir Simon selbst dem Wahnsinn nahe. Sollte jahrhundertealte Spukerfahrung wirklich nichts mehr wert sein … ?

Wildes 1887 im Original erschienene Geschichte spielt mit dem Gedanken, dass es Gespenster gibt und sie Menschen begegnen, die besonders abgeklärt und nüchtern auf ihr Erscheinen reagieren? Der aufgeklärte Wilde wählt bewusst Amerikaner als Protagonisten, die damals als besonders tüchtig , moden und aufgeklärt galten, und macht daraus einen grossen Spass, an dem die überspitzt dargestellteEigenschaften beider – Amerikaner und Engländer – einen grossen Anteil haben. Und bei allem Schabernack endet die überaus vergnügliche Geschichte versöhnlich, als in Person der Tochter von Otis Liebe und warmherzigkeit ins Spiel kommen.

Ein Klassiker mit den bewährten Bildern des legendären Volker Kriegel und ein wunderbares Lese und Vorleseerlebnis, das ich allen ab xx Jahren wärmstens empfehle.

Passengers / Regie: Morten Tyldum. Darst.: Jennifer Lawrence; Chris Pratt; Michael Sheen; Laurence Fishburne[…]

Mit 5300 in den Tiefschlaf versetzten Passagieren und Besatzungsmitgliedern steuert die Avalon mit halber Lichtgeschwindigkeit die Kolonie Homestead II an: das Schiff wird 120 Jahre unterwegs sein und gehört zur Homestead Company, einem Unternehmen, das sich mit der Erschliessung und Verwaltung extraterrestrischer Kolonien für Auswanderer beschäftigt. Nach dem scheinbar erfolgreichen Durchqueren eines Asteroidenfeldes kommt es zu einer Störung, in deren Folge der Mechaniker Jim Preston 90 Jahre vor der eigentlichen Ankunft aufwacht.

Preston schafft es nicht, seine Weiterlesen

Ein Fuchs – 100 Hühner : Der Bilderbuch-Thriller zum Mitzählen / Kate Read. Aus dem Englischen von Tatjana Kröll

Um es gleich vorweg mit einem Zitat zu sagen: „Für dieses Buch kamen keine Hühner oder Füchse zu schaden“. Warum diese Warnung? Weil Kate Read, die mit ihrer Familie und unzähligen Hühnern mit Namen wie Gladys, Pesto und Tiddles im ländlichen Weiterlesen

Eine Reise in die geheimnisvolle Tiefsee / Annika Siems, Wolfgang Dreyer

Die Weiten des Ozeans faszinieren nicht wenige genauso wie die Weiten des Weltalls und bergen auch heute noch für Forscher eine Vielzahl von Überraschungen, verbergen sich doch in der Tiefe zum teil bizarre Lebewesen, die unter extremen Bedingungen überleben und über die wir nicht selten nur sehr wenig wissen.

Die Illustratorin Annika Siems hat zusammen mit dem ehemaligen Leiter des Zoologischen Museums Kiel ein Buch über die Tiefsee verfasst: auf fast 100 Seiten bereitet es Weiterlesen

Teen Spirit / Regie: Max Minghella. Musik: Marius De Vries. Darst.: Elle Fanning, Rebecca Hall, Zlatko Buric […]

Großbritannien. Zusammen mit ihrer alleinerziehenden Mutter wohnt die zurückhaltende 17jährige Violet in einer kleine Stadt auf der Isle of Wight. Die große Leidenschaft in ihrem unspektakulären Leben zwischen Schule, Aushilfsjob und dem ungebliebten Kirchenchor ist das Singen: heimlich sing sie in einer Karaoke-Kneipe und träumt von einer Karriere als Sängerin. Gegen den Willen ihrer Weiterlesen

Die Welt auf dem Teller : Inspirationen aus der Küche / Dorris Dörrie

„[…] die Maxime, dass es allein darum geht, tatsächlich die Karotte zu schneiden und sonst gar nichts. Sonst wirklich gar nichts. In einer Welt, die ständig etwas anderes von uns will, als das wir mit unserem Körper in der Gegenwart anwesend sind, ist es eine große Erholung, wenn ich nur auf meine Hände und die Karotte achte. Ja, ja, natürlich ist das die alte Zen-Schmäh: Wenn du die Karotte schneidest, dann schneide nur die Karotte. Das wurde bereits in Themomix-Vorzeiten formuliert, anscheinend war es auch da schon schwierig, nicht abgelenkt zu sein. Heute wird es zu einer regelrechten Entscheidung, die Karotte selbst zu schneiden“ (Zitat S. 56).

Baumkuchen und Ramen, Tofu, Brotreste, Kohl und Pasta, Schokolade und Haferbrei, Maroni, Hühner und Tintenfisch: die Bandbreite der Lebensmittel ist groß, über die sich Dorris Dörrie in „Die Welt auf dem Teller“ auslässt. Für die Regisseurin und Autorin gehören Essen und Kochen zu einem Weiterlesen

Das Riesenbuch der Urzeittiere / Val Walerzczuk ; Tom Jackson

Die Erforschung der Evolution es Lebens hält für alle, die an Naturgeschichte interessiert sind, eine Menge an faszinierenden Entwicklungen und Erkennnissen bereit. Dazu gehören auch die für unser an die Tierwelt der Gegenwart gewöhnten Augen zuweilen überaus seltsamen, bizarr aussehenden, winzigen oder Weiterlesen

I Am Mother / Regie: Grant Sputore. Darst.: Luke Hawker/RoseByrne, Clara Rugaard, Hilary Swank […]

Die Menschheit ist ausgestorben. Nur in einer streng abgeschirmten, hoch technisierten Anlage existieren noch 60.000 Embryonen. Ein Roboter entnimmt einen dieser Embryonen und lässt ihn von einem speziellen Inkubator innerhalb von 24 Stunden zu einem Menschenbaby heranwachsen, dass er als „Mutter“ aufzieht. Das Mädchen geht davon aus, dass die Erde außerhalb der Anlage unbewohnbar ist: mit Hilfe von Mutter und unterstützt durch die Ausstattung der Station wird es einer strengen Ausbildung unterzogen, lernt, bewältigt Prüfungen und wird schliesslich zu einem aufgeweckten, an alten Fernsehserien und Ballett interessierten Teenager. Frei in der Anlage bewegen kann es sich nur nachts, wenn der „Mutter“genannte Roboter sich auflädt. Zufall, Spontaneität oder gar Irrationales gibt es nicht und die Entstehung und Versorgung des Lebens ist auf Retorte und Technik angewiesen und reduziert.

Als das Mädchen eines Tages in einem abgelegenen Bereich der Station eine Maus entdeckt, die dort durch eine Störung hineingelangt ist: das Lebewesen wird aber bvon „Mutter“ eliminiert. Wenig später entdeckt das Mädchen in jenem Abschnitt eine Luftschleuse, über die eine offensichtlich verletzte Frau um Einlass bittet. Das Mädchen versucht, sich um die angeblich von die Aussenwelt überwachenden Robotern angeschossene Frau zu kümmern, die behauptet, aus einer Gemeinschaft Überlebender zu kommen. Zum ersten Mal sieht sich das Mädchen mit einem realen Menschen und seinen Emotionen konfrontiert, beginnt, Fragen zu stellen und sucht seinen Platz zwischen dem vertrauten Roboter „Mother“ und dem einzigen realen Menschen, den es kennt. Doch woher soll Sie wissen, wer Recht hat: „Mutter“ oder die verletzte Frau? Schließlich trifft sie eine mutige Entscheidung …

Mit dem dystopischen SciFi-Thriller „I Am Mother“ ist dem Regisseur Grant Sputore ein in jeder Hinsicht bemerkenswerter Film gelungen, der trotz kleiner dramaturgischer Schwächen visuell und darstellerisch auf ganzer Linie überzeugt. Dabei spielt der Film geschickt und bis zum Ende mit den Erwartungen des Zuschauers und inszeniert so mit großer erzählerischer Sicherheit seine Geschichte, die von wechselnden Perspektiven lebt und im Verlauf der Handlung dem Zuschauer nervenaufreibende, perfekt gesetzte Volten zumutet. Großartig das Spiel von Clara Ruggaard in der Rolle des Mädchens und die dazu kontrastierende, zwischen Mütterlichkeit und Bedrohung changierende Inszenierung des grandios gestalteten, geradezu ikonischen Roboters durch Luke Hawker (im Original mit der Stimme von Rose Byrne). So thematisiert der Film eine dystopisch und dabei in überaus kühlen, ästhetischen Bildern inszenierte Auseinandersetzung zwischen Mensch und Maschine, beschäftigt sich auf einer anderen Ebene auch mit den Robotergesetzen Asimows, die er jedoch von Individuum auf eine offensichtlich bedrohte Spezies als Ganzes transzendiert. Dabei ist erst am Schluss des Films seine eigentliche Intention erkennbar, die in der Frage besteht, was nach der Apokalypse, nach einem Untergang der Welt, wie wir sie kennen? Und von welchem wesentlichen Element unseres Menschseins müssen wir aufgeben, wenn wir überleben wollen? Und welche psychologischen und ethischen Fragen wirft es auf, wenn wir uns von unserer biologischen Herkunft verabschieden und unsere Vermehrung auf dem Einsatz und der Verantwortung künstlicher Intelligenz beruht.

Ein bis zur letzten Sekunde spannender Film, der lange nachwirkt.

Teen Spirit / Regie: Max Minghella. Darst.: Elle Fanning, Zlatko Buric, Agnieszka Grochowska […]

Die zurückhaltende Violet Valenski, die in einer ländlichen Gegend Englands prekären Verhältnissen bei ihrer streng gläubigen Mutter aufwächst, träumt von einer Karriere als Sängerin. Doch allenfalls im Kirchenchor und heimlich in einer heruntergekommenen Karaoke-Bar kann Violet ihr Können zeigen. Relativ plötzlich nimmt sie Weiterlesen

Offene See : Roman / Benjamin Myers

England, 1946. Der sechszehnjährige Robert, Sohn eines Bergarbeiters, verlässt die vom Kohlebergbau geprägte Kleinstadt, in der er aufwuchs: bevor er selbst in die Kohleminnen muss, möchte er noch einmal durchatmen und vor allem das Meer sehen, das er einmal auf einem Ausflug mit seinem Vater besuchen durfte. Er schläft draussen und schlägt sich mit kleinen Tagelöhnerarbeiten durch. Eines Tages erreicht er unweit derr Küste ein tief eingewachsenes Cottage und begegnet der eigenbrötlerischen mittelalten Dulcie, die zusammen mit ihrem Hund Butlers – genannt „Butters“ – auf dem verwilderten Landstück ein einsames, unkonventionelles Leben lebt und ihn auf einen Tee einlädt.

Zunächst sieht es nach einem kurzem Aufenthalt für Kost und Logis aus. Aber Robert entdeckt bei der Arbeit ein verwittertes Gartenhaus auf dem Gelände. So verlängert sich seine Zeit bei Dulcie unerwartet: Robert bringt das kleine Häuschen in Schuss, wird kräftiger, geniesst das ungewohnt gute Essen von Dulcie und enstspannte Stunden am von Ausflüglern belebten Strand. Vor allem aber entdeckt er durch die angeregten Gespräche mit der älteren Frau seine Liebe zur Poesie und eine Vorstellung davon, welchen Stellenwert Freundschaft, Liebe, Kunst und Schmerz in einem Leben einnehmen können. Als er den Blick zum Meer freischneiden will und Dulcie überdies nach einem in dem alten Gartenhaus gefundenen Manuskript mit Gedichten fragt, reagiert sie zunächst ungehalten und abweisend. Doch während Dulcie ihn mit ihrer direkten, unverstellten Art zum Denken anregt und für die Literatur begeistert, lässt ihm ihr Geheimnis keine Ruhe.

Benjamin Myers ist mit „Offene See“ ein überaus zarter, berührender Roman gelungen über einen jungen Mann, der nach den im Buch noch spürbaren Schrecken des Zweiten Weltkrieges auf dem Weg zu sich selbst ist und unerwartet über eine unkonventionell lebende ältere Frau Bekanntschaft mit seinen intellektuellen und künstlerischen Seiten macht. Die in der Rückschau vom Protagonisten selbst erzählte Geschichte überzeugt mit schönen Naturschilderungen, methaphernreichen Anspielungen und einer dichten Athmosphäre in diesem literarischen, sprachlich ansprechend übersetzen Kammerspiel, dass sich im Wesentlichen zwischen den beiden Hauptfiguren abspielt.

Auch wenn die Übersetzung bei den im Buch eine wesentliche Rollen spielenden Gedichten nicht ganz zu überzeugen vermag, fesselt einen diese Geschichte eines ländlichen Sommers voller Veränderungen von der ersten bis zur letzten Seite umgemein und lässt einen das Buch bis zum Schluss nur ungern aus der Hand legen: Literatur und Poesie, Wein und gutes Essen haben ebenso ihren Platz in diesem Roman wie eine Natur, die sich zwar zurechtstutzen, aber am Ende nie beherrschen lässt.

Trotz kleiner stilistischer Schwächen, die vielleicht auch der Übersetzung geschuldet sind, ist Myers ein überaus spannendes Buch gelungen, das ich gerne all jenen empfehle, die dichte Naturschilderungen und eine sorgfältig komponierte Geschichte um Erwachsenwerden und Individuation, Freundschaft und Liebe zu schätzen wissen.

Das eiserne Herz des Charlie Berg : Roman / Sebastian Stuertz

Deutsche Provinz, Anfang der 1990er Jahren. Auf den ersten Blick klingt Charlie Bergs Geschichte noch relativ unspektakulär: seine Künstlereltern sind getrennt und er lebt zusammen mit seinem dauerhaft dem Cannabis zugeneigten Vater und Deutschrock-Mucker Dito zusammen. Charlie kümmert sich um die permanent aus der dörflichen Bibliothek mit Lektüre zu versorgende autistische Schwester und ist genervt von seiner früh an eine Theaterkarriere verlorene Mutter. Doch Erlösung scheint nah: Charlie hat eine Stelle als Zivildienstleistender in einem Leuchtturm auf einer Nordseeinsel, freut sich auf den bevorstehenden Abschied und kommt damit auch seinem Romanprojekt endlich näher.

Doch dann wird sein grantelnder Opa Weiterlesen

Unser verblüffender Planet Erde : So verstehst du unsere Welt / Rachel Ignotofsky

Ökosysteme, ihr Aufbau und ihre Funktionen sind kein unkomplexes Thema, können aber bei entsprechender Aufbereitung Kinder ebenso wie Erwachsene faszinieren. Die amerikanische Autorin und Illustratorin Rachel Ignotofsky, deren Arbeit stark von Geschichte und Wissenschaft beeinflußt wird, hat sich in „Unser verblüffender Planet Erde“ dieses Themas angenommen.

Enstanden ist ein schön gestaltetes, überaus informatives Buch, das rasch einen ganz besonderen Reiz auf den Leser ausübt und ebenso zum klassischen Durchlesen wie zum gezielten oder ungerichteten Stöbern einlädt. Ihre ausführlichen Texte illustriert Ignotofsky mit aufwändigen, einen eigenen Weiterlesen

Das Ameisenkollektiv : Entstehung und Organisation eines Waldameisenvolkes / Armin Schieb

Ameisen zählen zu den überaus erfolgreichen Tieren: insgesamt 13000 Arten dieser seit mindestens 100, vielleicht sogar 130 Millionen Jahren existenten Tierfamilie wurden bisher erfasst und ihr Verbreitungsgebiet reicht von den Tropen und Subtropen teilweise bis in subarktischen Zonen. Ihr Zusammenleben in Staaten von 10 Tieren bis hin zu 20 Millionen, ihre Kommunikation, ihr Nestbau und ihre Arbeitsteilung machen sie zu ausgesprochen faszinierenden Tieren. Der Hamburger Illustrator Armin Schieb hat sich für seine Masterarbeit an der HAW Hamburg ein Buchprojekt über Ameisen vorgenommen, das jetzt vom Kosmos-Verlag veröffentlicht wurde und weit über das hinausgeht, was man bei einem solchen Projekt erwaten würde. Der großformatige Bildband bedient sein Thema mit Weiterlesen

Zwei wie Gürteltier und Hase : Kleine Geschichten aus dem großen Wald / Jeremy Strong ; Rebecca Bagley (Ill.)

Die Freunde Gürteltier und Hase wohnen schon sehr lange zusammen in einem kleinen Haus im Wald. Sie kennen einander gut und haben beide ihre Eigenarten. Gürteltier ist etwas träge ud vergesslich, ärgert sich über leere Kühlschränke und vor allem fehlenden Käse. Hase liest sehr gerne, weiß unglaublich viel, ist überaus munter und mag es nicht, wenn niemand ihm hilft. Manchmal sind sie etwas genervt voneinander, aber im Grunde halten sie immer zusammen. Es ist Hase, der Gürteltier zum Malen bringt – was zu einer Menge Bildern von Weiterlesen

Wölfe / Bärbel Oftring; Theresa Schwietzer

Wer sich ein wenig mit dem Wölfen beschäftigt, wird schon bald feststellen, was für faszinierende Lebewesen diese oft durch Märchen und Schauergeschichten verunglimpften Tiere sind. Wölfe, von denen die bei uns so geliebten Haushunde abstammen, leben ebenso in Familien wie Menschen, kümmern sich Weiterlesen

Strassenkampf : Warum wir eine neue Fahrradpolitik brauchen / Kerstin E. Finkelstein

Bereits 2017 beschäftigte sich die promovierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin Finkelstein in ihrem Buch „Fahr Rad!“ mit dem Thema Fahrrad und nahm dabei besonders alltagspraktische Themen von der Auswahl bis zur Kleidung in den Fokus.

„Straßenkampf“ widmet sich nun den verkehrspolitischen Aspekten des Themas und damit sozusagen Weiterlesen

Dem Mut ist keine Gefahr gewachsen. Ein abenteuerliches Leben / Rüdiger Nehberg

„Irgendwie bin ich ein Glückspilz! Weil ich noch immer lebe. Nicht nur, weil ich das Glück hatte, mittlerweile 22 bewaffnete Überfälle überlebt zu haben. Sondern vor allem, weil ich als Ex-Bäcker laut Statistik der Lebensversicherer mit 68 meinen Teigschaber längst hätte aus der Hand legen müssen. Und weil ich so viel erlebt habe, dass es für drei Leben ausreichen würde. (Rüdiger Nehberg)“

Ab meinem 13. Lebensjahr habe ich die Bücher von Rüdiger Nehberg verschlungen und seinen abenteuerlichen Lebensweg vom Konditor zum Abenteurer, Survivalexperten und Menschrechtler mit einer Mischung von Faszination und Bewunderung verfolgt. „Drei Mann, ein Boot der blaue Nil“ war meine Einstiegsdroge: Nehberg wusste überaus spannend und fesselnd zu erzählen von seinen Reisen und Erfahrungen, später dann von seinen spektakulären Aktionen wie den Atlantiküberquerungen in Tretboot, Floss und Baum, seinem Einsatz im Urwald Brasiliens für indigene Völker.

Kurz vor seinem Tod im Frühjahr 2020 konnte der 1935 im Sauerland geborene Nehberg noch Weiterlesen

Der Ruf der Kraniche : Expeditionen in eine geheimnisvolle Welt / Bernhard Weßling

Ein dickes Buch ausschliesslich über Kraniche? Manch einer mag Respekt vor solcher Lektüre haben – und dennoch: das Buch von „Der Ruf der Kraniche“ von Bernhard Weßling ist nicht nur für ausgewiesene Vogelfreunde und keine Seitenzahl scheuende Vielleser empfehlenswert, sondern auch und gerade für jene, die sich eher unspezifisch und allgemein für Natur und Tiere interessieren.

Der 1951 geborene Bernhard Weßling ist von Haus aus eigentlich Chemiker und war lange Jahre mit einem eigenen, bald international agierenden Unternehmen erfolgreich selbstständig. In der 1980er Jahren begann der inzwischen Weiterlesen

Der Leuchtturm / Regie: Robert Eggers. Darst.: Willem Defoe, Robert Pattinson, Valeriia Karaman

Maine, Ende des 19. Jahrhunderts. Tom Wake ist früher zur See gefahren, wurde dann aber wegen einer Beinverletzung Leuchtturmwärter. Zusammen mit dem ehemaligen Holzfäller Ephraim Winslow tritt er eine vierwöchige Schicht auf einer weit abgelegenen Insel an. Wake, deutlich älter als Winslow und offenbar schon lange im Einsatz, besteht darauf, für das Kochen und das Leuchtfeuer zuständig zu sein und verbietet Winslow trotz anders lautender Vorschriften, die Nachtschichten oben im Turm zu übernehmen. Stattdessen ordnet er ihm die körperlich anstrengenden, dreckigen Arbeiten zu und behandelt ihn wie einen Gehilfen. Die raue Insel, eine aufdringliche Möwe und das unheimliche Schicksal von Wakes letztem, dem Wahnsinn verfallenen Gehilfen machen Winslow zusätzlich zu schaffen.

Was zunächst nach einer anstrengenden, aber zeitlich begrenzten Schicht unter zwei völlig Weiterlesen

Wundervolle Welt der Tiere / Ben Hoare. Illustration: Daniel Long, Angela Rizza und Daniela Terrazzini

Schon die Aufmachung des vorliegenden Buches ist vielversprechend: ein großes Format, ein auffällig gestalteter Einband, Goldschnitt, Fadenheftung und Lesebändchen. Schlägt man die „Wundervolle Welt der Tiere“ auf, wird man nicht enttäuscht: auf über 200 Seiten Kunstdruckpapierwerden werden Weiterlesen

Im Grunde gut : eine neue Geschichte der Menschheit / Rutger Bregman

Man könnte ja oft verzweifeln, wenn man die Nachrichten verfolgt oder im Alltag entsetzt beobachtet, wie Menschen sich unvernünftig, nicht selten auch asozial und unethisch verhalten. Selbst wer nicht gläubig ist, neigt daher gerne dazu, den großen monotheistischen Weltreligionen recht zu geben, wonach das Tier Mensch grundsätzlich schlecht, ja böse ist. Aber ist das wirklich so? Ist der Mensch nur durch rechtliche Schranken, Zivilisationspatina und religiöse Dogmen im Zaum zu halten – getreu dem Weiterlesen

Das System Milch : Die Wahrheit über die Milchindustrie / Regie: Andreas Pichler

Der 1967 geborene Dokumentarfilmer Andreas Pichler aus Bozen/Südtirol hat in seiner Kindheit selbst Kühe gehütet. In seiner mehrfach preisgekrönten Dokumentation geht er einer Industrie nach, die sich seit Jahrzehnten exponentiell entwickelt und dabei weitreichende, weltumspannende Veränderungen verursacht hat: die Milchwirtschaft ist von lokal verankerten bäuerlichen Betrieben und Genossenschaften zu einer globalen, hoch profitablen Industrie geworden.

Pichler setzt dabei stark auf die Kraft der Bilder sowie auf Interviews mit verschiedenen Protagonisten und Experten, unterfüttert mit Zahlen und Statistiken. CEOs von Arla und anderen globalen Branchengrößen im Agrobusiness mit der Milch versuchen dabei, wortgewandt die angeblichen Vorteile einer auf große Mengen und Effizienz setzenden Milchwirtschaft herauszustreichen: dabei werden die angeblich gesundheitsfördernden Effekte hohen Milchkonsums betont und auf die Welternährung verwiesen, die bei weiter wachsender Bevölkerung nicht zu leisten sei. Bei aller Eloquemz wird aber bereits hier Weiterlesen

Das Leben der Eichhörnchen : mit Illustrationen von Johann Brandstetter / Josef H. Reichholf

Als Stadtbewohner sind einem Eichhörnchen oft vertraut, haben sie doch in unseren Städten eine nicht selten auskömmliche ökologische Nische gefunden. Der Evolutionsbiologe und Ökologe Josef H. Reichholf, der mit seinen Büchern immer wieder zu begeistern vermag und mich zuletzt mich „XXX“ nachhaltig zu fesseln verstand, legt mit „Das Leben der Eichhörnchen“ ein spannendes Sachbuch vor, das weit über sein Thema hinausreicht. Schwerpunktmäßig geht es natürlich um Einhörnchen, aber Reichholf ordnet sie in größere Zusammenhänge ein, zieht Verbindungen zwischen den Weiterlesen

Paul und Opa fahren Rad / Karsten Teich

Auch wenn Paul seinen Opa sehr mag. Als Stadtkind findet er es in den Ferien draußen auf dem Land eher langweilig. Meistens arbeitet er zusammen mit seinem Opa im Garten, um danach mit ihm herumzusitzen und sich zu langweilen. Leider hat Paul auch kein Fahrrad, um mit Opa zum See zu fahren. Doch als Opa ein altes schrottiges Klapprad im Gebüsch findet, kommt ihm eine Idee. Trotz Pauls großer Zweifel macht Weiterlesen

Echt jetzt? Die beknacktesten Aktionen der Menschheit / Tom Phillips

Wenn man schon vom Baum gestiegen ist und den aufrechten Gang entwickelt hat, sollte man vielleicht nicht wieder raufsteigen, runterfallen und sterben: genau das passierte einem Individuum der Art Australopithecus afarensis vor etwa 3,2 Millionen Jahren, wenn man aktuellen Studien an den erhalten gebliebenen Fossilien glauben darf. Wer anthropologisch interessiert ist, wird den Namen kennen, den ihre Entdecker ihr gaben: Lucy. Seitdem weist die Geschichte der Trockennasenaffen und der Weiterlesen

Faszinierende Evolution : Wie das Leben entstand / Anna Claybourne.Illustrationen von Wesley Robins

Wer Kinder mit aufmerksamen Blick für die Natur, die Tier- und Pflanzenwelt erzieht, kommt irgendwann an die entscheidende Frage, wie denn all die Lebenwesen entstanden sind, die heute unseren Planeten bevölkern. Wie überaus fesselnd die Antworten der Naturwissenschaften auf diese enfach erscheinende Frage sind, macht Anna Claybourne mit ihrem Buch „Faszinierende Evolution“ mehr als deutlich.

Während sie zunächst erklärt, was Evolution überhaupt bedeutet, wie Darwin und Wallace Weiterlesen

Das große Fressen : lauern, stöbern, jagen, räubern / Hubert Handmann

Mit der drastisch schwindenden Zahl von Insekten steigt zum Glück auch das Interesse an dieser mit über einer Million beschriebener Insektenarten am stärksten diversivizierten Klasse aller Tiere überhaupt. So sind mittlerweile nicht nur viele Bücher über Bienen und Wildbienen erschienen, sondern auch über andere Insektenarten bis hin zu Schmetterlingen.

Handmann setzt in seinem Buch den Weiterlesen

Der Honigbus / Meredith May

Als Fünfjährige erlebt die Autorin Meredith May zusammen mit ihrem kleineren Bruder die Trennung ihrer Eltern: ihre Mutter zieht nach einem letzten dramatischen Streit mit ihnen aus dem amerikanischen Osten nach Big Sur, Kalifornien zu ihren Eltern. Ab diesem Zeitpunkt kapselt sie sich von ihren Kindern ab, zieht sich komplett zurück in ihr Zimmer und ihre Depression und überlässt Meredith und Matt sich selbst und der wenig Weiterlesen

Jaguarkrieger: Roman / Christine Ziegler

Will wurde als Wunschkind über ein genoptimierendes Verfahren der Firma Optigenio gezeugt und wuchs im privilegierten, nicht durch den großen Krieg zerstörten Sektor 1 von Berlin auf. Kurz vor seinem 12. Geburtstag wird er von seinem unzufriedenen, nach Perfektion strebenden Vater reklamiert und zurückgegeben. Nachdem er den Rest seiner Kindheit in einem für Rückläufer gedachten Heim verbracht hat, schlägt er sich im vor zwei Jahrzehnten vom Krieg zerrstörten Berlin als illegaler Computerspieler durch: als hervorragender, schneller Spieler ist er der Kopf des „Jaguar-Clans“, lebt in wechselnden leeren Häusern der verlassenen Vororte und hat viele Bewunderer in den armen Bevölkerungsschichten.

Als ein Killerkommando beginnt, Jagd Weiterlesen

Verborgene Städte: Kairo, Athen, Istanbul – Drei Metropolen und ihre geheimnisvolle Unterwelt [BBC]

Der britische Historiker Michael Scott, Spezialist für antike Geschichte, reist mit einem Team von Spezialisten nach Kairo, Athen und Istanbul. Mit modernster Vermessungstechnik wie 3D-Scans und Luftaufnahmen mit Fotogrammetrie wollen sie Strukturen sichtbar machen, die seit langem verschüttet und verdeckt sind von den auch heute noch dicht beseidelten, über viele Jahrtausende gewachsenen Metropolen.

Den Vermessungstechnikern gelingt Erstaunliches: während Weiterlesen